Der Erfolg einer Implantation hängt weniger von dem Design des Implantats und dem chirurgischen Vorgehen ab als vielmehr von dem Knochen, in das der Implantatkörper versenkt wird. Je mehr Knochen vorhanden ist, desto besser. Entscheidend ist auch die Knochenstruktur, denn erfahrungsgemäß nimmt ein dichterer Knochen Implantate besser an als ein dünn geflochtener. Vorn im Unterkiefer ähnelt der Knochen einem festen Holzstück, seitlich im Oberkiefer hat der Knochen eine Korallen- oder Schwammstruktur. Es ist einleuchtend, daß in solch einem porösen Material eine Art Dübel, wie das Implantat gerne bezeichnet wird, schlechter hält.

Bevor ein Implantatchirurg die Entscheidung zur Implantation trifft, wird er sehr genau beurteilen, ob genügend Knochen vorhanden ist. Geht man davon aus, daß ein Implantat mit vier Millimetern Durchmesser allseitig von mindestens einem Millimeter, besser aber zwei Millimetern gesundem Knochen umgeben sein muß, dann sollte der Kieferkamm vor der Aufnahme eines Implantates auch mindestens sechs Millimeter, im sichtbaren Frontzahnbereich besser aber acht Millimeter breit sein. Natürlich spielt auch die Kieferkammhöhe eine große Rolle; ein längeres Implantat weist in der Regel bessere Verweilzeiten auf. Implantate, die acht Millimeter oder kürzer sind, haben schlechtere Einheilchancen. Liegt ein derart starker Knochenschwund vor, daß eine unmittelbare Implantation nicht möglich ist, dann ist es unter Umständen möglich, die Knochenmasse in diesen Kieferabschnitten zunächst zu vermehren.

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Knochenspenden aus Kinn und Hüfte

Eine der gängigsten Techniken ist die Anlagerung, Auflagerung oder Einlagerung körpereigenen Knochens auf oder in den geschwundenen Kieferkamm. Handelt es sich um kleine Knochenauffüllungen, verwendet der Arzt Knochen aus benachbarten Kieferregionen, zum Beispiel aus dem Kinn oder den hintersten Abschnitten des Oberund Unterkieferkamms. Der operative Eingriff zur Entnahme von Knochen aus dem Kinnbereich erfolgt vom Ansatz der Unterlippe im Mundbereich und hinterläßt weder äußerlich sichtbare Narben noch eine Konturveränderung des Kinns. Diese Knochentransplantationen können als ambulanter Eingriff in örtlicher Betäubung durchgeführt werden.

Wird der verpflanzte Knochen (»Bone-graft«) dem Kieferkamm sattelförmig aufgelagert, spricht man von einem sogenannten »Onlaygraft«. Als reiner Anlagerungsspan verwendet, nennt man ihn »Veneergraft«. Dient er der Einlagerung in tiefe Knochendefekte, wird er als »Inlay-graft« bezeichnet. (»graft« ist also das englische Wort für »Transplantat«). Gemeinsam ist all diesen Techniken, daß das verpflanzte Knochenstück mit Hilfe einer kleinen Titanschraube am Restkieferknochen befestigt werden muß. Auch muß jedes Knochentransplantat anschließend vollständig mit Schleimhaut bedeckt sein. Geschieht dies nicht, heilt der transplantierte Knochen nicht an und muß wieder entfernt werden. Nach einer mehrmonatigen Einheilphase, deren Dauer von der Beschaffenheit des Spenderknochens und dem Ort der Einpflanzung abhängt, wird die Schleimhaut über dem neu geformten Kieferkamm eingeschnitten und in diese Öffnung ein oder mehrere Implantate gesetzt. Gleichzeitig wird die Titanschraube entfernt. Manchmal erfolgen das Einbringen eines Knochentransplantates und die Implantation auch in der gleichen Sitzung.

Für große Kieferdefekte reichen kleine Knochenspenden nicht aus. In diesen Fällen müssen Knochendepots aus den Hüftknochen genutzt werden. Das klingt allerdings dramatischer, als es ist. Der Hüftknochen ist ein großer Knochenspeicher, und wenn man dort Stücke von zwei bis drei Quadratzentimetern entfernt, schadet das nicht. Natürlich lassen sich diese ausgedehnten Eingriffe nur im Krankenhaus unter Vollnarkose vornehmen. Einen Vorteil hat die Verpflanzung großer Knochenstücke im Vergleich zu den kleinen: Oftmals können in derselben Sitzung Implantate eingebracht werden, die in diesen besonderen Fällen gleichzeitig das Knochentransplantat auf dem restlichen Ober- oder Unterkiefer fixieren. Es entfällt somit die mehrmonatige Wartezeit bis zur Implantation.

Unter dem sogenannten »Bone-splitting« (=»Knochenspalten«) versteht man eine chirurgische Technik, die kleinere Kieferabschnitte, die geschrumpft sind und nicht mehr gut ernährt werden, für Implantate aufnahmefähig macht. Der schmale Kieferkamm wird in seiner Längsrichtung mit Meißeln vorsichtig gespalten, wobei die seitlichen Knochenlamellen zur Seite gedrängt werden. Es entsteht ein kasten- oder muldenförmiger Knochenraum, der beidseitig von dünnem Kieferknochen begrenzt ist und nun mit körpereigenen Knochenstückchen oder mit Knochenersatzgewebe aufgefüllt werden kann. Die Implantate werden vorzugsweise in einer zweiten Sitzung gesetzt, nachdem der neugeschaffene und verbreiterte Kieferkamm ausreichend knöchern durchhaut ist.

Modeme lmplantologie mit Computer und Roboter

Seit einiger Zeit steht der Zahnmedizin eine neue Röntgentechnik zur Verfügung, die bei deutlich geringerer Strahlenbelastung gleiche dreidimensionale Bilder vom knöchernen Gesichtsschädel mit Ober- und Unterkiefer liefert wie die Computertomographie. Mit der sogenannten digitalen Volumentomographie (DVT) können vor einer Implantation individuelle Computerdaten des Patienten gewonnen werden, die dem Behandler exakte Informationen über eine optimale Bohrrichtung und Bohrtiefe für die Operation vorgeben.

Als neueste Entwicklung kann inzwischen sogar ein Roboter (Robodent) mit diesen Daten gefüttert werden. Robodent ist damit in der Lage, über ein kompliziertes Infrarotsystem – ähnlich dem Navigationssystem im Flugzeug oder Auto – dem Operateur bei der Implantation zu assistieren und seine Handbewegungen zu überwachen.

Diese neuen Strategien sollen zukünftig bessere Operationsergebnisse liefern und vor allem Eingriffe möglich machen, die bislang gar nicht oder nur schwer realisierbar waren. Die innovativen Techniken, die zur Zeit nur an wenigen Zentren erprobt und weiterentwickelt werden, sollen nach Möglichkeit so einfach zu bedienen sein, daß sie bereits in absehbarer Zeit in die klinische Routine einziehen können.

Computer und Roboter werden dann zwar nicht die Kunstfertigkeit des Operateurs ersetzen. Aber die neuen elektronischen Assistenten können die Arbeit im OP erleichtern und die Präzision bei einem Eingriff erhöhen.

Knochenanbau für den Oberkiefer

Problematisch kann eine Implantation im Oberkiefer sein, wenn die Backen- und Mahlzähne seitlich verloren sind. Mit dem Verlust dieser Zähne dehnt sich die luftgefüllte Kieferhöhle in Richtung des zahnlosen Kieferkamms aus. Der Restkieferkamm wird so dünn, daß er keine Implantate mehr aufnehmen kann. Um selbst in solch schwierigen Fällen erfolgreich implantieren zu können, muß der Arzt erst den Kieferhöhlenboden, und darin die auskleidende Schleimhaut, anheben. Diese Technik bezeichnet man als »Sinus-lift« (Sinus = Kieferhöhle) oder Kieferhöhlenboden-Elevationsplastik (Elevation = Anheben). Über ein Loch in der seitlichen Kieferhöhlenwand wird die Schleimhaut mit stumpfen Instrumenten vorsichtig nach oben gedrängt, ohne daß sie zerreißen darf. Der entstandene Hohlraum zwischen Kieferhöhlenschleimhaut und Restkieferkamm ist vielfach über 10 Millimeter hoch und kann nun vorzugsweise mit eigenem Knochen, aber auch mit Knochengewebe-Ersatzmaterialien aufgefüllt werden. Je nach Resthöhe des noch vorhandenen eigenen Knochens werden die Implantate dann gleichzeitig oder erst Monate später, nach Verknöcherung des eingebrachten Knochengewebes, eingesetzt. Die Verwendung eigenen Knochens führt meist zu schnelleren und besseren Ergebnissen als wenn der Kieferhöhlenboden mit knochenähnlichen Partikeln oder entkalktem Ersatzknochen aufgefüllt wird. Braucht man nur wenig Knochen zur Auffüllung des Kieferhöhlenbodens, dann bieten sich das Kinn oder die hintersten Abschnitte des Ober- und Unterkiefers als Spenderegion an. Unter diesen Umständen ist ein Sinus-lift in örtlicher Betäubung in der chirurgischen Praxis möglich. Benötigt man viel Spenderknochen, wenn zum Beispiel beide Seiten des Kiefers betroffen sind, ist ein Krankenhausaufenthalt unumgänglich. Nur in Vollnarkose gelingt es, genügend Knochen aus der Hüfte zu entnehmen und in den Oberkiefer zu verpflanzen.

In ganz aussichtslosen Fällen, nach mehrjähriger totaler Zahnlosigkeit und fortgeschrittenem Kieferabbau im Oberkiefer, wenn Techniken der Knochenauflagerung oder ein Sinus-lift nicht mehr ausreichen, kann eine Knocheneinlagerungsplastik (Interpositionsosteoplastik) durchgeführt werden. In Vollnarkose wird der gesamte zahnlose Kieferabschnitt gelöst und aus der Hüfte entnommener Knochenhufeisenförmig zwischen Restoberkiefer und zahnlosem Kieferkamm eingelagert. Implantate werden entweder in der gleichen oder in einer zweiten Sitzung gesetzt. Der operative Aufwand ist enorm, die Komplikationsrate höher als bei den anderen Verfahren. Diese Methode kommt nur in Frage, wenn keine andere Form der Knochenvermehrung mehr angewandt werden kann und der Patient mit herkömmlichen herausnehmbaren Prothesen überhaupt nicht mehr zurechtkommt. In diesen Extremfällen müssen Nutzen und Risiken sehr sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Künstlicher Knochen

Die Entnahme körpereigenen Knochens setzt eine spezielle kieferchirurgische Ausbildung und Fachkenntnisse voraus. Manchmal sind hierfür auch Krankenhausaufenthalte und Eingriffe in Vollnarkose notwendig. Vor diesem Hintergrund ist es nur zu verständlich, daß viele Implantologen diesen Aufwand scheuen und lieber Knochenersatzmaterialien verwenden. Synthetisch hergestellter sowie entkalkter (demineralisierter) Ersatzknochen tierischer Herkunft wird in vielen Formen, als Partikel oder in soliden Blöcken, und in vielen Größen angeboten. Diese Ersatzmaterialien erreichen aber nicht immer die Qualität des lebenden eigenen Knochens. Ist verpflanzter künstlicher Knochen erst einmal entzündet, so geht nicht selten das gesamte Transplantat verloren. Dies ist bei eigenem Knochen, der im Gegensatz zu Ersatzgeweben lebende Knochenzellen enthält, nur selten der Fall. Selbst wenn es zu einer kleinen Entzündung und Abstoßung kommt, können oftmals große Anteile des Knochentransplantates gerettet werden.

Um einerseits den Patienten den zusätzlichen aufwendigen operativen Eingriff der Entnahme von Knochen aus der Hüftregion zu ersparen, andererseits aber die Vorteile des körpereigenen Knochens zu nutzen, entscheiden sich viele Behandler für ein Transplantat, das aus einer Kombination aus Knochenersatzmaterial und eigenem aus dem Ober- oder Unterkiefer des Patienten entnommenen Knochens besteht.

Membranen als Halskrause für den Zahn

Außer der Knochenverpflanzung ist es heute auch möglich, das Gewebe mit sogenannten Membrantechniken zu regenerieren (guided bone regeneration). Setzt man ein Implantat ein und stellt sich während der Implantation heraus, daß ein Bereich des Implantatkörpers nicht vollständig von Knochen bedeckt ist, so kann dieser Bezirk mit einer speziellen Membran, die das Implantat wie eine Halskrause allseitig umfaßt, abgedeckt werden. Diese Membran hat die Funktion einer Barriere und verhindert das unerwünschte Ein- und Tieferwachsen von Entzündungsgewebe oder des Zahnfleisches. So erreicht man, daß sich langsam neubildender Knochen auf die zuvor unbedeckten Implantatbezirke anlagert. Unter einem stabilen Membranzelt läuft die Knochenneubildung ungestört ab. Zwei unterschiedliche Membranen werden angeboten: Die eine muß nach wenigen Monaten entfernt werden, weil sie sich langfristig, nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt hat, wie ein Fremdkörper verhält und zu Problemen führen kann. Die neueste Entwicklung sind Membranen, die sich langsam auflösen, wenn sich Knochen neu gebildet hat. Der zweite Eingriff der Membranentfernung entfällt somit. In der Implantologie besteht ein breites Anwendungsgebiet für derartige Membranen: Abdeckung von Implantaten, Knochentransplantaten und Ersatzknochen, mit dem Ziel, das örtliche Knochenangebot zusätzlich über eine gesteuerte Neubildung zu vermehren.

Eiweiße bilden neuen Knochen

Vielversprechend sind die ersten Berichte über die Anwendung körpereigener knochenaufbaufördernder Substanzen als Ersatzmaterialien. Sogenannte knochenneubildende Eiweiße (bone morphogenetie protein) haben – zumindest im Tierexperiment- die Fähigkeit, Knochen vollkommen neu zu bilden, sobald sie in eine Knochenhöhle eingelagert oder auch nur dem Knochen aufgelagert werden. Zur Zeit laufen die ersten Vorstudien an Menschen, bei denen diese Proteine als Knochenneubildner eingesetzt werden. Die ersten Erfolge sind vielversprechend. Sollten sich diese neuen knochenneubildenden Substanzen bewähren, entfielen in Zukunft viele herkömmliche Knochenverpflanzungen.